Artikel ID: 88           Kategorie: Psychologie

Trauer - Das Geheimnis der Trauer

Warum trauert der Mensch eigentlich manchmal um etwas oder jemanden ?

Zunächst erscheint die Frage ja ziemlich lapidar. Es erscheint uns normal zu sein, dass man etwas oder jemandem hinter-her-trauert. Aber warum genau trauert man denn nun wirklich ? Man wird ja wohl kaum darum trauern, weil man dem anderen das Leben im Jenseits nicht gönnt ? Das wäre ein egoistisches Trauern, eines göttlichen Wesens unwürdig.

Dies soll genauer untersucht werden. Dabei fällt auf, dass es immer optionale Möglichkeiten sind, die zuvor zur Verfügung gestanden hätten, aber nach dem Verlust des Gegenstandes oder der Person nicht mehr zugänglich sind. Man trauert sozusagen über verlorene Chancen und Möglichkeiten. Beispielsweise ist jemand gestorben und wir "trauern um ihn". Schaut man aber ehrlich hin, so sind es eigentlich die verlorenen Möglichkeiten, um die wir trauern, Wir können nun beispielsweise keine Zeit mehr mit ihm verbringen. Diese Möglichkeit ist nun passe.
Nun wird auch klarer, was Trauer mit "sich etwas trauen" zu tun hat. Das mutigste was ein Mensch sich trauen kann, ist, dass man sich mit jemanden anders vollkommen EINS fühlt. (Mutig deswegen, weil das ja nur geht wenn man zumindest vorübergehend das eigene ICH vollkommen loslässt.)
So ist es also immer etwas was der Trauernde sich nicht getraut hat, was der Trauernde sich zu Lebzeiten der Person nicht getraut hat zu tun, oder geglaubt hat etwas nicht tun zu können. Dann trauert er wirklich einer vertanen Chance nach die aus der eigenen Feigheit nie genutzt wurde. Man hat sich zu Lebzeiten der Person beispielsweise nicht getraut, ein so intensives Zusammensein zu erleben, dass es zu einer echten "Erfüllung" gekommen wäre. Dieser vertanen Chance trauert man nach.

Man fühlt sich leer (=traurig) weil die erhoffte erFüllung nicht stattfand.

Dies ist in unserer Kultur fast schon normal, dass man sich zu Lebzeiten dies nie erlaubt hat, zum Beispiel die totale Einheit und Verbunden sein oder EINS sein mit jemandem zu fühlen, ganz einfach weil das Weibliche (Fühlen ist weiblich, yin) in unserer Gesellschaft so gering geschätzt wird dass es dann eben tatsächlich auch so selten praktiziert wird. Und erst nach dem Tode der Person spürt man dann, dass man genau dies verpasst hat. Dem nicht Gefühlten trauert man dann hinterher (wobei man sich dann aufgrund der Geringschätzung der Gefühlsebene noch nicht einmal eingesteht dass man dem "sich mit der anderen Person nicht zu 100% EINS gefühlt haben" hinter her trauert).
Und natürlich es sind immer auch unsere Glaubenssätze, die verhindern, dass wir dieses EINS-Sein Gefühl fühlen können, denn wir glauben ja es müsste dazu alles perfekt sein, zb das ginge nur bei dem perfekten Kandle-Light Dinner, das ginge nur in der absolut perfekten Beziehung, da müsste dies und jenes sein, der Partner oder Partnerin müsste sich so und so verhalten, bis hin dass man zuerst die Traumhochzeit erleben müsse, usw, kurzum, weil man gefangen ist in den eigenen Glaubenssätzen schafft man es im Leben mit der Person nie dieses Gefühl zu 100% zu fühlen, weil immer irgend etwas stört, und dann ist die Person tot oder weg und dann fängt das ganz große Trauern an, weil jetzt ist es zu spät.. (was auch schon wieder ein Aberglaube ist, siehe dieses Video).

Wenn wir hingegen schon während unserer Beziehung uns erlaubt haben, das Zusammensein, das Einssein mit der anderen Person zu 100% zu fühlen (egal was immer gerade auch an störendem da war), dann wird hinterher (keine Beziehung dauert für immer) auch keine Trauer da sein, weil es ja dann nichts gibt, was man sich nicht erlaubt hat voll zu fühlen. Man braucht dann gar keinen vertanen Chance hinterher trauern. Stirbt ein Partner aus einer erfüllten Beziehung, die zu vollkommener Blüte und Reife gelangte, so gibt es keine Trauer am Ende, sondern stattdessen nur Friede. Allerdings gibt es solche Beziehungen nur sehr selten weil es nicht der oberflächlichen Kultur unserer Gesellschaft entspricht sich so tief innerlich verbindend zu fühlen. Und ja, das geht bis hin ins Thema der Sexualität, weil auch Sexualität wird in unserer Gesellschaft fast ausschließlich nur oberflächlich gelebt. Ohne eine tantrische Sexualität hat man kaum eine Chance dieses tiefe EINS sein länger als ein paar lächerliche Sekunden lang zu erleben. Darum ist es kein Wunder wenn erst nach dem Tod der Person erfühlt wird was man vermisst, also was man versäumt hat und man dann von der Trauer übermannt wird.

Oftmals wird ja geglaubt, Trauer sei Egoismus, dass der Trauernde dem Verstorbenen sozusagen nicht gönnt im Jenseits zu leben und so weiter. Aber wie man sieht, hat Trauer mehr mit "sich etwas nicht getraut haben" zu tun, als man denkt.
Wer sich traut, sich Eins zu fühlen, braucht hinterher wegen nix zu trauern.

Bitte beachten Sie auch die Übung zur verdrängten Trauer im Übungsbereich.


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